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Begeisterung statt Langeweile

„Sprich nicht frei, das macht einen so unruhigen Eindruck. Am besten ist es: Du liest deine Rede ab. Das ist sicher, zuverlässig, auch freut es jedermann, wenn der lesende Redner nach dem vierten Satz misstrauisch hochblickt, ob auch noch alle da sind.“
Kurt Tucholskys „Ratschläge an einen schlechten Redner“ sind ebenso legendär wie zeitlos. Trotz schier unzähliger Ratgeber und trotz (oder gerade wegen?) einschlägiger Präsentationsprogramme wie Powerpoint & Co. mangelt es in unserem beruflichen Alltag leider häufig an guten, an kurzweiligen Präsentationen. Schade ist dabei nicht nur die verlorene Zeit und vergebene Liebesmüh – letztlich bleiben auch die Inhalte schlechter Vorträge seltener im Gedächtnis der Zuhörer als die spannender Präsentationen. Und darum geht es ja letztlich: dem Auditorium Inhalte zu vermitteln, es von Ideen, Produkten oder Leistungen nachhaltig zu überzeugen.
Wie gesagt: Mit Ratgebern zum Thema Präsentation lassen sich mühelos viele Regalmeter füllen. Hier alle Aspekte en detail aufzulisten, die eine gute Präsentation ausmachen, würde den Rahmen unseres Dossiers locker sprengen. Eingeleitet von Tucholsky-Worten wollen wir uns im Folgenden darum vor allem zwei Aspekten zuwenden: dem richtigen Einstieg und einem guten Vortragsstil.

Der passende Opener
„Fang nie mit dem Anfang an, sondern immer drei Meilen vor dem Anfang! (Meine Damen und Herren, bevor ich zum Thema des heutigen Abends komme, lassen Sie mich kurz…)“
Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Das gilt leider auch für Präsentationen. Auch wenn wir im Hauptteil noch so brillieren – haben wir den Einstieg unseres Vortrags vergeigt, hört uns später niemand mehr richtig zu. Die Gehirne unserer Zuhörer sind längst auf Stand-by geschaltet, und unsere genialen Ideen gelangen vielleicht noch bis zu den Ohren, selten aber bis in die Gehirnwindungen unserer Zuhörer. 
 

Die ersten Minuten einer Präsentation sind wie eine Probezeit. Denn sie entscheiden, ob wir unser Publikum für uns einnehmen und seine Aufmerksamkeit gewinnen können und letztlich auch, wie der Vortrag im Nachgang beurteilt wird. Primacy-Effekt wird dieses Phänomen in der Psychologie genannt. „Wenn wir eine gute Präsentation erwarten, ja gar überzeugt davon sind, eine solche zu hören und zu sehen zu bekommen, dann werden wir auch eher Indizien finden, die diese Überzeugung bestätigen“, unterstreicht Kommunikationsexperte René Borbonus dieses Phänomen in seinem Buch „Die Kunst der Präsentation“.

Als der ehemalige Microsoftchef Steve Balmer vor einigen Jahren bei einer Mitarbeiterversammlung zu Gloria Estefans „Get on your feet“ schreiend über die Bühne hüpfte, sah das alles andere als grazil aus. Doch die Mitarbeiter gerieten über so viel Begeisterung für das Unternehmen selbst ganz aus dem Häuschen. Und ein Videomitschnitt auf You-Tube wurde bis heute fast 6 Millionen Mal angeklickt. Der Auftritt blieb vielen Menschen im Gedächtnis.
Um unsere Zuhörer in den Bann zu ziehen, müssen wir nicht gleich auf der Bühne tanzen – etwas Außergewöhnliches und Packendes sollten wir uns als Opener jedoch einfallen lassen. Dafür sollten wir auch die Motive unserer Zuhörer kennen. Was treibt sie an? Was erwarten sie von mir?

Der rote Faden
Überzeugende Präsentationen entstehen im Kopf, nicht in Powerpoint. Erst wenn wir einen roten Faden, eine Kernbotschaft, eine inhaltliche Struktur haben, sollten wir mit der konkreten Umsetzung beginnen.

Beim Einstieg ist besondere Kreativität gefragt. „Meine sehr geehrten Damen und Herren, anknüpfend an meinen Vorredner möchte ich heute über ein Thema sprechen, das mir besonders am Herzen liegt… “ – mit derartigen Einleitungen lösen wir nur eines bei unseren Zuhörern aus: gähnende Langeweile.
Drei Dinge gibt Präsentationsexperte René Borbonus in seinem Ratgeber an, die ein guter Einstieg erreichen sollte:
 

Erstens: Er sollte die anfängliche Distanz überwinden, den Boden bereiten, einen unmittelbaren Kontakt zwischen Redner und Zuhörern herstellen.

Zweitens: Er sollte den Ton des Vortrags vorgeben, das Publikum öffnen und neugierig machen auf die folgenden Inhalte.

Und drittens: Er sollte „elegant zum Redethema hinführen“. Bildlich gesprochen: Mit einem guten Einstieg nimmt der Vortragende sein Publikum bei der Hand, nimmt es mit auf die „Reise zu einem Thema“.

Um das Publikum zu knacken, darf der Opener also ruhig ein bisschen dick auftragen – reine Effekthascherei sollte er jedoch nicht sein. Ein guter Start kann mit einer persönlichen Anekdote gelingen, mit einem Witz, einem lustigen Foto, einem Cartoon oder einem Gegenstand, den der Präsentierende in Händen hält. 
Der Opener darf provokant, witzig und spannend sein. Der Redner darf sich über das Thema oder sich selbst lustig machen und mit einem Augenzwinkern auch über alles Menschliche. Witze sollten aber nicht zulasten einzelner Personen oder Personengruppen oder der kompletten Zuhörerschaft gehen.
Eine Anekdote muss nicht zwangsläufig auf selbst Erlebtes zurückgreifen, man kann durchaus Anleihen aus den Erzählungen von Kollegen oder Bekannten nehmen und diese ein wenig zuspitzen und zuschneiden. Vorsicht aber mit allzu großer Überzeichnung, unglaublichen Märchengeschichten oder zu großem Selbstbewusstsein! Damit erzeugen wir bei unseren Zuhörern oft weder Interesse noch Sympathie, sondern reißen die Brücken gleich wieder ein, die wir gerade zu bauen angefangen hatten.

Bei der Entwicklung eines zündenden Einstiegs können die folgenden Fragen helfen:

  • Wie kann ich mein Publikum überraschen?
  • Wie kann ich mein Publikum witzig und dennoch wertschätzend auf ein Thema vorbereiten? 

Für Geschichten, Anekdoten, Zitate, Fotos und Cartoons bietet das world wide web uns eine Fülle von Anregungen. Doch Vorsicht: Mancher Witz, manche Anekdote wurde schon zu oft erzählt. Wir sollten uns darum stets überlegen, ob uns nicht etwas Neues, etwas Eigenes zu unserem Thema einfällt.

Gut ist es, einen Gegenstand als Requisite für eine Geschichte nutzen. Als Sinnbild für ein Problem, zu dem wir die Lösung parat haben. Oder als Give-away für die Zuhörer, mit dem sie zukünftig immer an den Vortrag und dessen Inhalte erinnert werden.
Mit einem Gegenstand können wir unser Publikum sofort in den Bann ziehen, ganz egal, ob es ein alltäglicher Gegenstand ist oder etwas, was der Zuhörer gar nicht kennt. Unser Publikum will unweigerlich wissen: Warum hat er/sie dieses Ding in der Hand? Was will er/sie damit?

„Für das Gehirn ergeben nur emotionale Botschaften einen Sinn, und nur Informationen mit einem emotionalen Wert haben eine Chance, verankert zu werden“, sagt der Präsentationsexperte Gerriet Danz. Wer erfolgreich sein will, muss im Gedächtnis bleiben.

Klare Sprache, lebendig vorgetragen
„Sprich, wie du schreibst. Und ich weiß, wie du schreibst. Sprich mit langen, langen Sätzen, die Nebensätze schön ineinander geschachtelt… Du musst alles in die Nebensätze legen“, empfiehlt Kurt Tucholsky dem schlechten Redner: „Wenn einer spricht, müssen die anderen zuhören – das ist deine Gelegenheit! Missbrauche sie.“

Doch was macht einen guten Vortragsstil eigentlich aus?
Mit manchen Präsentationen scheint sich der Vortragende vor allem eines zum Ziel gesetzt zu haben: sich durch exklusives Wissen und den Gebrauch von Fachausdrücken bestmöglich von seinen Zuhörern abzugrenzen.
Selbstverständlich: Bei einem Fachvortrag vor Fachpublikum können die Kenntnis bestimmter Grundlagen und Begriffe vorausgesetzt werden. Ansonsten gilt: Je klarer die Sprache und je kürzer die Sätze, desto besser. Floskeln, Füllwörter und Schachtelsätze gehören ganz sicher nicht in eine gute Präsentation. 
 

„Sorgen Sie dafür, dass jedes Ihrer Worte zählt“, rät René Borbonus allen, die an einer Präsentation arbeiten: „So wie eine Zeichnung keine überflüssigen Striche und eine Maschine keine überflüssigen Teile haben sollte, sollte Ihre Rede keine überflüssigen Wörter oder Sätze enthalten.“ Schließlich gebietet es auch die Höflichkeit, die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht unnötig zu strapazieren.
Hier darum eine kleine „Black List“ mit allem, was NICHT in einen Vortrag gehört:

  • Floskeln
  • Phrasen
  • Plaudereien
  • Füllwörter
  • Entschuldigungen
  • Konjunktive
  • Passivkonstruktionen
  • Substantivierungen
  • Fremdwörter
  • Doppelte Verneinungen

Ein guter Vortrag zeichnet sich durch eine lebendige, klare und anschauliche Sprache aus. „Radikal einfach sollte (…) die Sprache einer Präsentation sein – denn dann wird oft der gesamte Vortrag radikal kürzer“, so Gerriet Danz.

Fürs Sprechen schreiben
Wer einen Vortrag vorab ausformuliert, sollte bedenken: Fürs Sprechen schreiben ist immer eine besondere Herausforderung. Ist die Präsentation ausformuliert, geht die Arbeit erst richtig los. In jedem Fall sollten wir den Vortrag mit oder ohne Publikum zur Probe halten. Denn dabei wird schnell offenbar, wo die Probleme stecken. Welche Sätze sind zu kompliziert? Welche zu lang? Wo brauche ich zu viel Zeit, um zum Punkt zu kommen? Und welche Teile sind nur Ballast, der nichts Erhellendes zum Thema beiträgt…
Besonders wichtige Vorträge sollten wir unbedingt vor einem kleinen Kreis (Familie, Freunde, Kollegen) vorstellen. Konstruktive Kritik und ehrliches Feedback können uns dabei helfen, sie noch besser zu machen.

Denn nicht nur inhaltliche Schwächen und sprachlich Überflüssiges lassen sich in einem Probelauf gut aufdecken – er hilft auch dabei, sich vorab Gedanken über das richtige Sprechtempo, über Sprechpausen an der richtigen Stelle, über betonende Mimik und untermalende Gestik zu machen.

Doch Vorsicht: Viel hilft hier nicht immer viel. Wichtig ist, dass wir in unserem Vortrag überzeugend, aber immer natürlich und authentisch bleiben. Improvisation indes ist nur etwas für Vollprofis. Präsentieren Sie seltener, sollten Sie Sprechpausen vorher festlegen und den Vortrag vorab ruhig ein paar Mal trainieren. Es lohnt sich!

Die wichtigsten Tipps im Überblick

Verwenden Sie Zeit für den richtigen Einstieg. Er öffnet die Ohren und die Herzen Ihrer Zuhörer – oder verschließt sie vielleicht für immer.
Wählen Sie einen außergewöhnlichen Opener, der Ihr Publikum überrascht und unterhält.
In der Kürze liegt die Würze: Verwenden Sie eine einfache, klare Sprache und streichen Sie alles, was überflüssig ist.
Kommen Sie auf den Punkt: Denken Sie immer an Ihre Kernbotschaft und verzetteln Sie sich nicht in Details.
Proben Sie Ihren Vortrag, am besten vor kleinem, befreundetem Publikum.
Planen Sie Sprechpausen ein.
Halten Sie Blickkontakt mit Ihren Zuhörern, um zu überprüfen, ob Sie (noch) die Aufmerksamkeit Ihres Publikums haben.

Für alle, die überzeugend sprechen, sicher auftreten, professionell präsentieren und Ihr Publikum überzeugen wollen, ist das Seminar „Das Geheimnis der Kommunikation“ von Jörg Löhr der perfekte Einstieg, als konsequente Fortsetzung bieten wir nun auch  „Rhetorik II“ mit René Borbonus an.

17.05.2018

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