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Erfolgsfaktor Persönlichkeit

Vielleicht haben Sie ja diesen Werbespot auch schon gesehen? Nacheinander werden Kinder in einen leeren Raum an einen Tisch gesetzt und bekommen ein großes Schokoladenei. Bevor man das jeweilige Kind alleine lässt, stellt man ihm ein zweites Schokoei in Aussicht – vorausgesetzt, das erste Ei wird nicht geöffnet bis man wieder zurückkommt. Das Ergebnis: Kaum eines der Kinder kann der großen Verlockung widerstehen!

Tatsächlich hat der lustige Clip ein wissenschaftliches Vorbild: den sogenannten „Marshmallow-Test“, mit dem der amerikanische Psychologe Walter Mischel bereits vor mehr als 40 Jahren Berühmtheit erlangte. Ähnlich dem Spot schenkte Mischel seinen kleinen Probanden im Vorschulalter eine Süßigkeit – und versprach ihnen eine zweite, wenn sie die erste nicht aufessen bis er in den Raum zurückkommt. Mithilfe einer Kamera beobachtete er die Reaktionen der Kinder: Gaben die einen ihrem Verlangen nach dem Marshmallow schnell nach, konnten andere widerstehen – manchmal jedoch erkennbar unter Aufbietung all ihrer Willenskraft. Rund 14 Jahre später informierte sich der Psychologe noch einmal, was aus den mittlerweile jungen Erwachsenen zwischenzeitlich geworden war. Und siehe da: Der Test hatte erstaunliche Prognosekraft.

Diejenigen Probanden, die der Marshmallow-Versuchung als Kleinkinder widerstehen konnten, hatten sich zu selbstbewussten Persönlichkeiten entwickelt. Sie waren in der Schule erfolgreicher, empathischer, sozial integrierter und konnten mit Rückschlägen gut umgehen. Die „Sofortesser“ von damals hatten – obwohl nicht weniger intelligent – schlechtere Noten, waren weniger zielstrebig und emotional deutlich instabiler. 
Sind wir etwa Gefangene unserer genetisch bedingten, individuellen Willensstärke oder Willensschwäche? Ist unser Lebenserfolg schon im Kleinkindalter festgelegt, genetisch vorbestimmt?

NEIN! Willensstärke und die Fähigkeit zur Selbstkontrolle scheinen, das bestätigen die Tests, zwar wesentliche Schlüssel für Lebenserfolg zu sein und auch relativ stabile Persönlichkeitsmerkmale. Dennoch, so die Meinung von Experten, ist es durchaus sinnvoll und möglich an der eigenen Persönlichkeitsentwicklung zu arbeiten.

Denn auch wenn viele Persönlichkeitsmerkmale bereits bei unserer Geburt angelegt sind, so sind sich die Fachleute doch einig: Auch etwaige Defizite lassen sich ausgleichen! Viele Psychologen verwenden mit dem Big-Five-Modell fünf Faktoren anhand derer sie die Persönlichkeit von Menschen beschreiben, darunter die individuelle Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Menschen mit einem hohen Wert bei der „Offenheit für Erfahrungen“ sind experimentierfreudiger, wissbegieriger und fantasievoller.
Die im Marshmallow-Experiment getestete Fähigkeit zur Selbstkontrolle wird im Big-Five-Modell unter dem Faktor „Gewissenhaftigkeit“ verbucht. Menschen, die hier hohe Werte verbuchen können, können sich besser kontrollieren, sie sind auch organisierter, sorgfältiger, planender und letztlich effektiver.

Den Idealtypus gibt es nicht
Die einzig wahre und ideale Kombination von Persönlichkeitsmerkmalen aber gibt es nicht. Ist eine hohe Gewissenhaftigkeit noch ein dem beruflichen Erfolg generell eher zuträgliches Merkmal, so ist es nicht zwangsläufig besser extrovertiert oder offen für neue Erfahrungen zu sein. Arbeiten Sie im Vertrieb? Führen Sie ein Unternehmen? Dann ist es von Vorteil, wenn Sie gut auf andere Menschen zugehen können. Für den Erfolg eines Anwalts aber muss es nicht unbedingt nachteilig sein, wenn er weniger experimentierfreudig oder verträglich ist als der Durchschnitt seiner Mitmenschen.
Letztlich geht es darum, was wir aus unserem individuellen Potenzial machen. Etwa den Beruf zu finden, der zu unserer Persönlichkeit passt. Und die Position, in der wir uns wohlfühlen.  

Für eine Führungskraft ist sicherlich ein gewisses Maß an Extrovertiertheit und emotionaler Stabilität wichtig. Ein Buchhalter sollte gewissenhaft sein. Ein Superkreativer, dem es ein bisschen an Gewissenhaftigkeit mangelt, kann sich durch Checklisten und andere Kontrollinstrumente bewusst selbst disziplinieren. Manche Schwäche aber lässt sich auch anders kompensieren, etwa durch intelligentes Teambuilding.

Persönlichkeitsmerkmale bewusst trainieren
Unser individuelles Grundrepertoire an positiven Eigenschaften ist letztlich nur die Basis für unsere persönliche Weiterentwicklung. Wie diese genau aussieht, darauf haben wir selbst maßgeblichen Einfluss. Ein Beispiel: Steht jemand unbekannten Situationen eher ängstlich gegenüber, zögert er wahrscheinlich auch bei neuen beruflichen Herausforderungen. Meistert er diese Hürde aber einmal und hat damit großen Erfolg, braucht er für die nächste Sprosse auf der Karriereleiter vielleicht schon etwas weniger Überwindung. Selbstvertrauen und Motivation können wachsen! Positive Charaktereigenschaften lassen sich auch ganz bewusst trainieren. Die Positive Psychologie etwa, basierend auf den Ideen des amerikanischen Psychologen Martin E. Seligman, konzentriert sich dabei nicht auf die Defizite von Menschen, sondern geht der Frage nach, was den Menschen stärkt und sein Leben lebenswerter macht.

Unser individuelles Glücksniveau
Was macht uns glücklich? Welche Strategien verhelfen uns zu mehr Lebenszufriedenheit? Hier richten die Forscher ihren Blick auf zwei Themengebiete: auf genetische Glücks-Voraussetzungen und Persönlichkeitseigenschaften.
Dopamin, Serotonin und Oxytocin. Menschen unterscheiden sich nicht nur in der Menge der Glücksbotenstoffe, die sie im Körper haben, sondern auch darin, wie Rezeptoren in ihrem Körper diese Glücksbotenstoffe aufnehmen und weiter verarbeiten. Es gibt also tatsächlich so etwas wie ein genetisch festgelegtes "Glücksniveau“ in unserem Körper.

Auch unsere angeborenen Persönlichkeitsmerkmale wirken sich auf unser Lebensglück aus. Damit ist unsere Glückswahrscheinlichkeit aber erst zur Hälfte festgelegt. Auch bei vergleichsweise schlechteren Startbedingungen ist Glück möglich, so die Psychologen:  

Unser soziales Umfeld, unsere Beziehungen zu anderen Menschen, unsere Arbeit, unsere Freizeitaktivitäten, auch Glaube und Spiritualität können unser Glück steigern.

Stärkentraining macht glücklich
In einer Studie haben Forscher der Universität Zürich jetzt erstmals nachgewiesen, dass es bereits glücklich macht, wenn wir uns intensiv mit positiven Persönlichkeitsmerkmalen befassen.
Trainiert wurden Probanden in zwei Gruppen. Die eine trainierte Dankbarkeit, Optimismus, Humor, Neugier und Enthusiasmus. Die andere den Sinn für das Schöne, Kreativität, Freundlichkeit, Weitsicht und die Liebe zum Lernen. Anhand von Fragebögen zu Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit vor und nach der Trainingsphase konnten die Forscher an durchweg allen Probanden positive Auswirkungen feststellen: So waren die Männer und Frauen nach dem Training durchweg heiterer und glücklicher. In der Gruppe, die Dankbarkeit trainiert hatte, stieg zudem noch die Lebenszufriedenheit. Wer die eigene Lebenszufriedenheit dauerhaft steigern will, muss das Erlernte allerdings konsequent trainieren und in den Alltag einbauen.

Das Fazit: Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale machen ein erfolgreiches Leben wahrscheinlicher. Manches wird uns in die Wiege gelegt, manches können wir trainieren. Für ein erfolgreiches Leben müssen wir aber letztlich auch wissen, was uns glücklich macht.

17.05.2018

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