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Wann auf den Kopf und wann auf den Bauch hören?

„Was ich in meinem Leben will, ist Einfühlsamkeit, ein Fluss zwischen mir und anderen, der auf gegenseitigem Geben von Herzen beruht.“
Marshall B. Rosenberg

Viele Entscheidungen, die der Mensch trifft, lassen sich mit Vernunft weder erklären noch verstehen – meist nicht einmal von demjenigen, der sie getroffen hat. Hat der Kopf entschieden oder der Bauch – oder doch etwas ganz anderes?
Soll ich mein Studium beenden oder doch noch die Fachrichtung wechseln? Endlich den Sprung in die Selbstständigkeit wagen oder die feste Stelle behalten? Mich endgültig trennen oder der Beziehung eine weitere Chance geben?

Manche Menschen zögern, hadern, quälen sich durch schlaflose Nächte – und schieben Entscheidungen möglichst lange auf, bis der Lauf der Dinge ihnen die Wahl längst abgenommen hat. Am anderen Ende des Spektrums tummeln sich jene, denen es überhaupt nicht schwer fällt, die voller Wagemut und Zuversicht schnell entscheiden – und damit oft auch noch erfolgreich sind. Wieso sind unsere Fähigkeiten, einen Entschluss zu fassen, eigentlich so unterschiedlich ausgeprägt?
Jeder Mensch bezieht Verstand und Gefühlsimpulse in unterschiedlichem Maße in seine Entscheidungen ein. Und die Verteilung auf diesen Waagschalen beeinflusst, wie viel Zeit ein Entschluss benötigt und ob es überhaupt zu einem Ergebnis kommt.

„Man erlebt nicht das, was man erlebt, sondern wie man es erlebt.“
Wilhelm Raabe


Keine Entscheidung ohne Emotion
Um diese These nachzuvollziehen, muss man zunächst einmal den wissenschaftlichen Hintergrund verstehen. Die psychologische und neurologische Forschung ist sich mittlerweile einig: Neben dem Verstand, der Fakten sammelt und logisch das Für und Wider abwägt, besitzen wir noch ein zweites, unbewusst arbeitendes Entscheidungssystem, das auf Gefühlen beruht. 
 
Dieses ist der kühlen Ratio teilweise sogar überlegen – etwa in komplexen Situationen wie beim Kauf eines Autos. Denn hier gilt es von Spritverbrauch über Farbe bis Klimaanlage eine Vielzahl von Variablen zu berücksichtigen. Und genau das birgt die Gefahr, sich zu verzetteln.

Was wir gemeinhin als Bauchgefühl, Unterbewusstsein oder auch Intuition bezeichnen, lokalisieren Hirnforscher im emotionalen Erfahrungsgedächtnis. Dieser Speicherort im limbischen System unseres Gehirns enthält eine umfassende Sammlung unserer ganz persönlichen Lebenserfahrungen – allerdings in Form von Emotionen und diffusen Körpersignalen.  Jedes Ereignis in unserem Leben haben wir einmal als angenehm oder unangenehm bewertet und zusammen mit dem entsprechenden Gefühl abgespeichert. Steht eine Entscheidung an, erzeugt das Gehirn ganz automatisch Bilder von möglichen Zukunftsszenarien, die wie kurze Filme vor unserem inneren Auge ablaufen. Diese Filme werden dann mit ähnlichen Situationen aus unserem individuellen Erfahrungspool verglichen – ein Prozess, der in kürzester Zeit und meist völlig unbewusst abläuft. Findet sich ein ähnliches Szenario, wird automatisch die damals damit verbundene Bewertung wachgerufen und zeigt sich zum Beispiel in Form eines Kribbelns im Magen, eines Kloßes im Hals oder auch eines befreiten Gefühls in der Brust.

„Vorteil ist nicht allezeit Gewinn.“
Sprichwort


Hirnforscher gaben diesen Signalen den Namen „somatische Marker“ und wiesen in mehreren Studien nach, dass sie ein wichtiger Bestandteil guter Entscheidungen sind. Vom heutigen Stand der Forschung aus lässt sich klar schlussfolgern: Kluge Entscheidungen treffen Menschen dann, wenn sie sowohl den Verstand als auch ihre Emotionen berücksichtigen und je nach Situation optimal miteinander in Einklang bringen. Das bedeutet: Lässt man Kopf UND Bauch sprechen, gehört Unentschlossenheit der Vergangenheit an.

 

17.05.2018

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