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< Leitwolf oder Teamplayer?

Immer schön bei der Sache bleiben

Während ich diese Zeilen schreibe, könnte ich Facebook-Posts kommentieren, Kontaktanfragen auf XING bestätigen und meine 148 Mails checken. Tue ich aber nicht. Stattdessen konzentriere ich mich voll und ganz auf dieses Dossier, das ich heute unbedingt in gewohnter Qualität fertigstellen möchte. In den vergangenen Jahren hatte ich schon fast das Gefühl, mit dieser Haltung ein Auslaufmodell zu sein. Doch weit gefehlt. Studien und Experten haben mich rehabilitiert. Multitasking ist ein Mythos.

Eigentlich ist „Multitasking“ ein Begriff aus der Computersprache, der beschreibt, dass ein Betriebssystem mehrere Aufgaben – Tasks – parallel bearbeiten kann. Seit geraumer Zeit jedoch taucht „Multitasking“ gerne auch dort auf, wo menschliche Soft Skills und Kompetenzen beschrieben werden. Unser beruflicher Arbeitsalltag wird immer komplexer – da könnte das gleichzeitige Erledigen verschiedener Aufgaben doch eine wunderbare Lösung sein, Zeit einzusparen. Unsere moderne Arbeitswelt mit all ihren kommunikationstechnologischen Errungenschaften schreit geradezu nach Multitasking. E-Mails beantworten und parallel telefonieren, simsen und einen neuen Facebook-Post erstellen – unsere Umgebung und die wunderbare Welt der Technik suggeriert uns: Alles ist möglich!
Doch da erstellen wir nun zum Beispiel eine komplexe Budgetplanung und wollen – schnell zwischendurch, versteht sich – unsere E-Mails checken. Was passiert? Genau! Schon sind wir mit unseren Gedanken mittendrin in anderen Themenwelten, beantworten Mails und verschicken Infos. Und finden dann nur mit Mühe wieder in besagte Planung zurück.

Oder wir sitzen mit Freunden am Tisch und unterhalten uns, können aber unseren Blick nicht abwenden von unserem Smartphone, weil wir auf Facebook unbedingt den neuesten Post kommentieren müssen oder die Aussichten für das Wochenendwetter googeln. Und hören dabei den Freunden letztlich nur mit halbem Ohr zu. Ganz abgesehen davon, dass so ein Verhalten äußerst unhöflich ist.
 

„Engpass“ im Gehirn
Viele Menschen halten sich durchaus für multitaskingfähig – und sie sind stolz darauf. Diesen dürfte die folgende wissenschaftliche Erkenntnis gar nicht schmecken, die besagt: Echtes Multitasking gibt es nicht! Denn das würde bedeuten, dass zwei verschiedene Reize im gleichen Bruchteil der Sekunde vom Gehirn verarbeitet und in eine Entscheidung umgesetzt werden können. Unmöglich, sind sich Experten sicher.

Da es im menschlichen Gehirn Engpässe in der Informationsverarbeitung gibt, können wir Aufgaben streng genommen nur nacheinander erledigen. „Offenbar können Teilaspekte von Aufgaben gleichzeitig (parallel) bearbeitet werden, aber mentale Entscheidungs- oder Auswahlprozesse stören sich gegenseitig“ schreibt Prof. Iring Koch in seinem Artikel „Hin und Her“  im Wissenschaftsmagazin  Forschung & Lehre (http://www.forschung-und-lehre.de/wordpress/?p=265).
Eine besonders multitasking-gefährdete Berufsgruppe sind – naturgemäß - die IT-Profis. Da wird gesimst, gebloggt und kommentiert, was das Zeug hält, und je mehr elektronische Geräte in Griffweite sind, desto besser. Doch auch andere Berufsgruppen lassen sich nur allzu gerne von schwierigen Aufgaben ablenken.

Höhere Fehlerquote
Doch Psychologen warnen einhellig: Die Kosten des Multitasking sind hoch. Experimente haben vielfach gezeigt, dass Menschen mehr Fehler machen und weniger effizient arbeiten, wenn sie versuchen, gleichzeitig verschiedene Aufgaben zu bewältigen. Wie bei einem Computer, bei dem bei vielen parallel geöffneten Programmen die Arbeitsgeschwindigkeit deutlich abnimmt, so reagiert auch unser Gehirn überfordert auf diese Reizüberflutung.
Das Pseudo-Multitasking, also das schnelle Hin- und Herspringen von Aufgabe zu Aufgabe, erfordert von unserem Gehirn ständige „restarts“. Deutliche Leistungseinbußen sind die Konsequenz. Zwar lassen sich automatisierte Aufgaben  noch recht gut nebeneinander bewältigen, an komplexerer Aufgabenstellung aber scheitert jeder selbsternannte Mutitasker gründlich.

Anforderungen verändern
Ihr Streben nach Gleichzeitigkeit machen viele Beschäftigte auch an beruflichen Rahmenbedingungen fest und daran, was Chefs von ihnen einfordern. Doch auch in Unternehmen findet langsam, aber stetig ein Umdenken statt. Handyfreie Besprechungen, Seminare zu intelligentem E-Mail-Management sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dabei helfen, sich nicht in wildem Multitasking zu verzetteln. Dennoch ist, so die einhellige Meinung der Experten, jeder selbst gefordert, sich Räume für konzentriertes Arbeiten zu schaffen.  

Oder, wie Prof. Iring Koch seinen Artikel abschließend zusammenfasst: „Insgesamt wird es zunehmend wichtiger, sich konsequent Zeiträume ungestörten Arbeitens zu erhalten oder neu zu schaffen, um auch weiterhin produktiv arbeiten zu können.“

Das Fazit: Multitasking ist eine Mär. Und wer exzessives Aufmerksamkeits-Hopping betreibt, arbeitet keinesfalls effizienter als Kollegen, die Aufgaben in Ruhe nacheinander abarbeiten. Und um mit einer weiteren Legende endgültig abzuschließen: Das gilt ebenso für Frauen.

Wie Sie Ihren Arbeitsalltag wirklich effizient gestalten, zeigen Ihnen die folgenden Tipps:

  • Planen Sie Ihren Arbeitstag.
  • Erstellen Sie eine realistische Aufgabenliste und planen Sie Zeiten konzentrierten Arbeitens ein, in denen Sie nicht gestört werden wollen.
  • Lernen Sie, Prioritäten zu setzen.
  • Minimieren Sie zeitverschwendende Aufgaben.
  • Schließen Sie Ihr E-Mail-Programm, während Sie konzentriert arbeiten. Stellen Sie Ihr Handy lautlos.
    Definieren Sie konkrete Zeiten, in denen Sie Mails bearbeiten, Telefonate erledigen.
  • Halten Sie Ihren Arbeitsplatz in Ordnung. Nutzen Sie Ordnungssysteme. Denn Chaos kostet Zeit.

 

17.05.2018

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